Atemwegssicherung bei Kindern (2024)

Das notfallmässige Airway-Management beim Kind ist auch für erfahrene Notfallmediziner selten Routine. Dabei gibt es einige Basismaßnahmen, mit denen „A- und B-Problemen“ bei Kindern an Schrecken verlieren.

Wir haben uns mit Prof. Dr. Sebastian Russo über die Atemwegssicherung beim Kind unterhalten und konnten einige praktische Tipps mitnehmen.

Ist das überhaupt notwendig?

Viele respiratorische Notfälle in der Kindernotfallmedizin lassen sich auch ohne Intubation lösen. Hilfreich können zum Beispiel erst mal Basismaßnahmen wie Sauerstoffgabe, Lagerung und abschwellende Inhalation (bsp. Adrenalin Inhalation oder Betamimetika) sein. Auch eine nichtinvasive Beatmung oder Masken-Beutel-Beatmung kann oft hilfreich sein bevor wir über mehr oder weniger invasive Atemwegssicherungen nachdenken.

Die aller erste Frage muss also immer lauten: Was braucht das Kind jetzt wirklich?

Rachen CPAP*

Über einen nasopharyngeal eingelegten Tubus können kleine Kinder (vor allem geht es hier um Kinder <1 Jahr) meist sehr gut beatmet werden.

Hierfür wird ein Tubus mit dem Aussendurchmesser des kindlichen Nasenlochs mit einer Insertionstiefe von Nasenloch bis Tragus in ein Nasenloch eingeführt. Das verbleibende Nasenloch und der Mund des Kindes werden zugehalten, nun kann „normal“ beatmet werden (hier sollte man besonders darauf achten, nicht zu massiv zu ventilieren – das kann im Streß gerne passieren). Den Tubus im Rachenraum NICHT blocken! Gefährlich kann bei zu tiefem Einführen eine ösophageale Lage und Beatmung sein, auch Nasenbluten kann – wenn auch bei richtiger Anwendung sehr selten – eine mögliche Komplikation sein.

Vorteilhaft an dieser aus der Neonatologie übernommenen Technik ist, dass meist keine Narkose nötig ist.

*Achtung, die Terminologie ist aus der klinischen Praxis übernommen und potentiell verwirrend. Hier wird die Einlage eines Tubus via Nase in den Rachenraum gemeint, darüber dann eine aktive oder assistierte Beatmung mit dem Beatmungsbeutel

Atemwegssicherung bei Kindern (1)

Supraglottische Atemwege

Der Larynxtubus bei Kindern ist out! Einerseits kann er mit einer Schleimhautschwellung der Atemwege einhergehen, andererseits fehlt selbst erfahrenen Anästhesisten die Übung mit diesem Device.

In der Kindernotfallmedizin explizit empfohlen sind jedoch Larynxmasken, mit ihnen können die aller meisten Kinder gut beatmet werden. Allerdings sollte auch bei Verwendung einer supraglottischen Atemwegshilfe auf eine ausreichende Narkose (mit Relaxans!) geachtet werden.

Quellen:

Atemwegsmanagement mit supraglottischen Atemwegshilfen in der Kindernotfallmedizin

Handlungsempfehlung erwartet schwieriger Atemweg beim Kind

Atemwegssicherung bei Kindern (2)

Autor: Philipp Gotthardt

Ich bin begeisterter Notfallmediziner aus Nürnberg. Ich arbeite in der Notaufnahme, Intensivstation und als Notarzt sowie ärztlicher Dozent und versuche mich mit Nerdfallmedizin an der FOAMed Welt zu beteiligen.Zeige alle Beiträge von Philipp Gotthardt

  1. Habt ihr den am Ende angesprochenen TEIL 2 noch gemacht?

    Antworten

    1. Klar! 🙂 Kommt in Kürze!

      Antworten

      1. Hallo ich habe eine Frage warum werden Kinder oft über die Nase intubiert und nicht oral und welche Größe wird dann genommen?

      2. Hi Robin,
        die Tubusdicke ändert sich primär nicht, ob man Kinder nasal oder oral intubiert. Die nasale Technik hat seine Herausforderungen und sicherlich für jemanden der keine große Erfahrung mit dem kindlichen Atemweg hat definitiv nichts, was man in der Notfallsituation als „Learning by Doing“ machen sollte (das gilt aber natürlich für viele Notfalltechniken, noch dazu bei Kindern).

        Ein oft angeführter Grund für die nasale Intubation bei sehr kleinen Kindern ist einfachere Fixierung, hier habe ich einen Artikel dazu gefunden: https://www.ai-online.info/abstracts/pdf/dacAbstracts/2016/2016-03-RC103.1.pdf

  2. Super Video! Eine Frage zu den ET, in unserem NEF haben wir ET bis zur Größe 5,5, jedoch ist jeweils kein Cuff vorhanden. Ab welcher Größe sollte man präklinisch blockbare ET verwenden?

    Antworten

    1. Das Thema Cuff oder kein Cuff wird in der pädiatrischen Notfallmedizin relativ breit diskutiert, ohne dass es eine klare Leitlinie dazu gibt (nach unserem aktuellen Informationsstand). Gefahr bei cuffbaren Tuben – gerade wenn man wenig Erfahrung mit Kindernarkosen/tuben hat – ist sicherlich die Drucknekrose in der Trachea durch Überinflation des Tubus.
      Zusätzlich gibt es neuere Modelle (Microcuff etc.), die diskutiert werden.
      Eine Aussage an den Kindernotfalltagen war: Wenn ein Tubus mit Cuff vorhanden ist, den nutzen – aber IMMER mit Cuffdruckmessung, auch bei kurzen Transportzeiten. Cuffbare Tuben generell eine halbe Größe kleiner als Nicht-cuffbare.

      Antworten

  3. Hallo,
    Vorab erstmal ein großes Lob für die tollen Videos und spannenden Themen! Macht weiter so!
    Eine Sache im aktuellen Video ist mir aber doch aufgefallen: macht es wirklich Sinn ein Kind mit einer Atemwegsschwellung Salbutamol inhalieren zu lassen? Beim Bronchospasmus hingegen keine Frage, b2 Effekt mit Relaxation der glatten Muskulatur; aber bei einer Schwellung nutze ich primär Adrenalin (a1, Konstriktion, Abschwellung) was ja nachfolgend dann auch noch genannt wird.

    Antworten

    1. Nein, Salbutamol hat bei Schwellung der (oberen) Atemwege keinen wirklichen Sinn – hier wird Adrenalin empfohlen. Im Video ging es um generelle Maßnahmen, um bei einer respiratorischen Problematik des Kindes zu helfen (Lagerung, Abschwellung der oberen Atemwege – Adrenalin, „Abschwellung“ bzw. Verminderung der Obstruktion – Betamimetika etc.)

      Antworten

  4. Hallo, beim durchlesens des Artikels sind folgende Fragen zum Thema „Rachen CPAP“ aufgekommen:

    1. Es steht „Kleine Kinder“ – bis zu welchem Alter ist die Methode eurer Meinung nach Vorteilhaft?
    2. Wirklich mittels Beatmungsgerät CPAP’en oder einfach normal mittels Beutel beatmen?
    3. Wäre es eine gute Idee Cuffbare Tuben (bei uns ab Gr. 6) dann auch zu Cuffen oder ist greift hier auch die Komplikation des Schleimhautschwellens?

    Ich wäre euch dankbar wenn ihr mir eure Meinungen zu den Fragen geben könntet.
    Danke
    LG Elija J.

    Antworten

    1. 1.) Im Video geht es primär um Kinder <1 Jahre. Die Methode geht auch gut bei älteren Patienten, aber im höheren Alter (größere Kinder, Jugendliche, Erwachsene) lassen sich meist ziemlich gut mit Maske beatmen.
      2.) Die Formulierung ist tatsächlich missverständlich. Wir meinten kontrollierte (aktive) bzw zumindest unterstützende Beatmung mit dem Beutel.
      3.) Blocken erst in der Trachea bei Intubation. Nicht im Rachenraum!

      Lg, Martin

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